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Ist Slow Food Deutschland eine Filiale von Slow Food Italien?

Nein. Wir sind wie Slow Food Italien und andere nationale Slow-Food-Organisationen gleichberechtigte Mitglieder der Slow-Food-Familie, und zwar die Nummer drei nach Italien und den USA. Das bedeutet auch: Wir sind keine Organisation für italienische Esskultur sondern kümmern uns so wie die anderen nationalen Organisationen um unsere regionalen Produkte. Es gibt allerdings bei Slow Food Deutschland besonders viele Freunde der italienischen Küche.

Wie ist Slow Food Deutschland organisiert?

Die "Basisorganisation" ist das örtliche bzw. regionale Convivium. Das lateinische Wort steht für "Tafelrunde", erinnert aber auch an Dantes "Gastmahl". Die derzeit 58 deutschen Convivien sind durch die Initiative von Mitgliedern in Städten und Regionen entstanden und nicht von oben eingerichtet worden. Die Bundes-Organisation gibt gelegentlich Anstöße und leistet Starthilfe. Die Convivien sind unterschiedlich groß - von einem guten Dutzend bis zu 350 Mitgliedern. Insgesamt hat Slow Food Deutschland 6.000 Mitglieder (Stand April 2006) mit steigender Tendenz.

Gibt es Mindestvoraussetzungen?

Es sollen mindestens vier Veranstaltungen im Jahr stattfinden. Es ist auch schon vorgekommen, dass Convivien wieder eingestellt wurden, weil die Aktiven keine Zeit mehr fanden.

Ist Slow Food etwas für "reifere" Menschen?

Bei Slow Food sind alle Altersgruppen vertreten. Es gibt auch Jugendgruppen. Jugendliche zahlen einen ermäßigten Beitrag im Jahr oder sind als Familienmitglieder dabei.

Wie ist die Mitgliederstruktur?

Von Convivium zu Convivium recht unterschiedlich. Manche Convivien wie Nordhessen oder Rügen setzen sich sehr stark aus Produzenten, Händlern und Gastronomen zusammen, andere aus Menschen aus "normalen" bürgerlichen Berufen, die einfach Freunde am gemeinsamen Genuss haben.

Was passiert in den Convivien?

Auch das ist unterschiedlich. Die meisten haben einen Jour-fixe, bei dem sie gemeinsam essen oder auch kochen, und veranstalteten Besuche bei Produzenten. Einige Convivien treffen sich z. B. zum gemeinsamen Pilzesammeln und ähnlichen Aktivitäten. "Vereinsmeierei" ist bei Slow Food unbekannt. Einmal im Jahr findet eine, meist kurze Mitgliederversammlung statt, alle zwei Jahre wird die Leitung des Conviviums neu gewählt.

Ist Slow Food offen für Nicht-Mitglieder?

Ja. Gäste, die Slow Food kennen lernen wollen, sind zu den meisten Veranstaltungen willkommen. Mitglieder können auch Freunde mitbringen.

Warum lohnt sich dennoch eine Mitgliedschaft?

Es gibt attraktive Veranstaltungen, bei denen die Teilnahme limitiert ist und bei denen zuerst oder nur Mitglieder zum Zuge kommen. Außerdem zahlen Mitglieder bei vielen Events etwas weniger. Die beiden Magazine, das deutsche "Slow Food" und das internationale "Slow" (in deutscher Übersetzung) sind für viele allein schon den Mitgliedsbeitrag wert. Für einen großen Teil der Mitglieder steht die Unterstützung der Slow-Food-Idee im Vordergrund.

Was kostet eine Mitgliedschaft?

Die Einzelmitgliedschaft kostet 75 Euro im Jahr. Darin ist der Bezug des deutschen Slow Food Magazins und der hochwertigen internationalen Zeitschrift "Slow" enthalten. Die Partner- und Familienmitgliedschaft kostet 95 Euro. Mindestens 200 Euro zahlen Fördermitglieder. Jugend-Mitglieder zahlen 30 Euro, bekommen aber nicht das Magazin "Slow". Fünf Euro vom Beitrag gehen an die internationale Slow-Food-Stiftung für Biodiversität, die den "Slow-Food-Award" vergibt.

Könnte McDonald's Firmenmitglied werden?

Nein. Firmen werden nur aufgenommen, wenn sie ein Mindestmaß an Slow-Food-Ansprüchen erfüllen und die Aufnahme vom örtlichen Convivium befürwortet wird. Nur Fördermitglieder dürfen das Schnecken-Logo als Aufkleber an ihrem Geschäft oder Restaurant benutzen.

Hat Slow Food Deutschland einen hauptamtlichen Apparat?

Nein. Alle Vorstandsmitglieder arbeiten ehrenamtlich und werden alle zwei Jahre von der Mitgliederversammlung, an der jedes Mitglied teilnehmen kann (es gibt kein Delegiertenprinzip), neu gewählt. Die Geschäftsführung wird von einem Bürodienstleister wahrgenommen, der allerdings auch in der Sache engagiert ist, und das Magazin wird von einem freien Journalisten betreut.

Ist Slow Food Deutschland ein gemeinnütziger Verein?

Ja.

Bekommt Slow Food Deutschland "Staatsknete"?

Nein. Slow Food Deutschland gehört nicht zu jenen NGOs, die den Staat kritisieren und zugleich die Hand aufhalten. Das schließt nicht aus, dass Slow Food gelegentlich an Projekten beteiligt ist, die auch aus Steuermitteln gefördert werden.

Arbeitet Slow Food mit anderen Organisationen zusammen?

Ja. Es gibt immer wieder Partnerschaften für gemeinsame Projekte und auch längerfristige strategische Partnerschaften. Entscheidend ist, dass die gemeinsame Schnittmenge groß genug ist. Dabei ist es weniger wichtig, ob es sich um "etablierte" oder eher "alternative" Organisationen handelt. Eine feste Partnerschaft besteht mit dem Verbraucherzentrale Bundesverband. Hier gehört Slow Food zu den Fördermitgliedern. Außerdem gehört Slow Food der "Plattform Ernährung und Bewegung" an. Es besteht eine enge Zusammenarbeit mit der Deutschen Akademie für Kulinaristik.

Wo ordnet sich Slow Food im Verbändestaat ein?

So richtig passt Slow Food eigentlich in keine Schublade. Vorrangig betrachten wir uns als Verbraucher-Organisation.

Müssen bei Slow Food alle Produkte "bio" sein?

Nein. Für Slow Food steht der Gedanke der Biodiversität, also der Vielfalt der Nahrungsmittel und Esskulturen im Vordergrund. Biologische Produktion ist eines von mehreren Kriterien für die Beurteilung von Produkten. Wichtig ist der möglichst ursprüngliche Genuss. Der kann bei Bio-Produkten gegeben sein - muss es aber nicht. Einen Biowein, der nicht schmeckt, muss man nicht mögen. Auf jeden Fall fühlt sich Slow Food dem Gedanken der Nachhaltigkeit verpflichtet.

Ist Slow Food gegen Gen-Food?

Auch bei dieser Frage steht der Leitgedanke der Biodiversität über allem. Slow Food befürchtet, dass gentechnisch veränderte Organismen (GVO) die Vielfalt zerstören oder spürbar verändern. In der "grünen Gentechnik" wird bisher kein Fortschritt gesehen, weil es nachteilige Folgen z. B. durch den erhöhten Wasserbedarf gibt. Ansonsten haben die Mitglieder sehr unterschiedliche Einstellungen zu Gentechnik. Die meisten sagen: Wir wollen kein Genfood, vor allem keine unmittelbar veränderten Lebensmittel. Damit stehen sie an der Seite von zwei Dritteln der Bevölkerung. Einzelne Convivien beteiligen sich an den "Gentechnikfreien Regionen". Irrationale Ängste sind allerdings nicht das, was für Slow Food typisch wäre. Slow-Food-Präsident Carlo Petrini sagte zu Genfood: "Der Markt mag keine GVOs. Wunderbar!"

Kämpft Slow Food gegen Fast Food?

Slow Food ist nicht auf "Gegner" wie Mc'Donalds oder Burger King fixiert. Slow Food setzt auf Aufklärung über die gesundheitlichen Nachteile der Hamburger-Kultur. Slow Food warnt auch immer wieder die Politik, auf die PR-Aktionen der Fast-Food-Ketten herein zu fallen und damit der Jugend ein schlechtes Beispiel zu geben.

Hat Slow Food prominente Mitstreiter?

Slow Food hat einige namhafte Mitglieder. In der Politik sind das z. B. die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth und der Vorsitzende des Rates für Nachhaltigkeit der Bundesregierung, Volker Hauff. Es sind Menschen aus der Kultur dabei wie z. B. Berlinale-Intendant Dieter Kosslick sowie Sterne-dekorierte Köche wie Michael Hoffmann (Margaux), Kolja Kleeberg (Vau) oder auch Spitzenwinzer wie der Rotwein-Star Werner Näkel und die Nummer eins in Franken Paul Fürst. "Jahrundertkoch Eckart Witzigmann gehört ebenso dazu wie TV-Hobbykoch Alfred Biolek.

Ist Slow Food politisch?

Wir wissen nicht, welche Mitglieder auch in Parteien engagiert sind. Wir wissen von einzelnen Mitgliedern, die in der SPD, der CDU/CSU, bei den Grünen und in der FDP sind. Alle haben eines gemeinsam: Sie finden, dass sich Zusammensein bei Slow Food wohltuend vom Gerangel in den Parteien abhebt. Alles in allem fühlen sich die "Slowfoodies" als gesellschaftspolitisch progressive Menschen, die mitten im Leben stehen.

Gibt es herausragende Slow-Food-Events in Deutschland?

Slow Food ist Initiator und Mit-Organisator von wichtigen Produzenten-Märkten wie dem "Norddeutschen Käsemarkt" auf dem Kiekeberg bei Hamburg, dem Deutschen Käsemarkt in Nieheim/Ostwestfalen und dem Rhöner Wurstmarkt. Neu im Programm: "Slow Bier" in Oberfranken und das Harz-Festival.

Was ist die "Arche des Geschmacks"?

In die "Arche des Geschmacks" nimmt Slow Food weltweit Nutzpflanzen, Nutztiere. Lebensmittelprodukte und Speisen auf, die vom Aussterben bedroht sind. Beispiele in Deutschland sind der "Finkenwerder Herbstprinz", eine alte Apfelsorte, die "Ahle Wurscht" aus Nordhessen, der Ostheimer Leberkäse, die Albschnecke oder das Murnau-Werdenfelser Rind. Für die Passagiere der Arche werden jeweils Förderkreise gegründet.

Was ist Slow City?

"Città Slow" wurde in Italien gegründet. Dort dürfen sich mittlerweile über vierzig Städte, die strengen Slow-Kriterien unterliegen, mit diesem Titel schmücken. In Deutschland sind es bisher drei Kleinstädte: Hersbruck , Überlingen und Stadt Waldkirch. Die Vereinigung ist organisatorisch unabhängig von Slow Food.

Hat Slow Food etwas mit Schlankheitsdiät zu tun?

Ein verbreitetes Missverständnis unter denen, die dank mangelnder Englischkenntnise "slow" mit "schlank" verwechseln. Aber: Damit, dass sich Slow Food für gesunde Ernährung und bewusstes Essen einsetzt, geht es auch um körperliches Wohlbefinden.

Muss man bei Slow Food kochen können?

Auch ein Missverständnis. Viele Convivien machen zwar Kochaktionen, aber es ist kein "Muss". Wie auch immer: Hauptsache, es macht Spaß und schmeckt.